Recht spontan ergab sich die Gelegenheit, an einer von einem Kollegen aus der Eifel geplanten Albanientour teilzunehmen. Er hatte im Vorjahr bereits eine geführte Wildwassertour mitgemacht und somit einige Ortskentnisse. Luxuriöserweise fuhr ein Paddelkollege mit einem großen Sprinter hin und konnte unsere Boote und Material mitnehmen. Schnell fand sich unser Team Kassel, Flüge gebucht und die Boote und Ausrüstung in Holibu übergeben.
Am Mittwoch vor Ostern ging es für uns dann ab Frankfurt los. Am nächsten Morgen trafen wir uns mit dem Team Hocheifel und dem Team Albania (einem Freund, der Shuttle-Bunny sein sollte, aber blöderweise für einen Monat seinen Führerschein los war).
Auf Grund heftiger Regenfälle stand im Norden alles unter Wasser, einen Wanderfluss hatte das Team Hocheifel ausprobiert, der sich auf Grund weggespülter Brücken und Stahlseilen im Fluss als eher anspruchsvoll entpuppte. Für uns ging es dann nach Süden an den Osumi in der Region Berat.
Die Fahrt von Tirana ins Osumital war schon eine kleine Zeitreise – aus der quirligen recht chaotischen Hauptstadt auf stets enger werdenden Straßen, vorbei an mehr und mehr Pferden und Eselkarren und kleinen Straßenmärkten in den Dörfern.
Die Osumischlucht ist ein traumhaftes Stück von ca. 13 Kilometern, das sich durch ein unverbautes Tal zieht, Steilwände bis zu 90m senkrecht und an der engsten Stelle weniger als zwei Meter breit – zwischendurch Wasserfälle, die von den Seitenwänden in die Schlucht stürzen. Im Hintergrund (sofern man nicht in der Schlucht ist) schneebedeckte, steile Berge.
Die erste Tour entwickelte sich allerdings aus diversen Gründen zum Massenbadetag – der erste Schwimmer an einer unterspülten Prallwand. Leider konnten wir sein Boot nicht auf der ersten Kiesbank einfangen, so dass er ins Outside steigen musste.
Die drei legen sich dann gleich vor eine der nächsten Wände und sind die Schlucht größtenteils durchgeschwommen, was teilweise recht spaßfrei war und die Stimmung für den Tag ziemlich runterzog.
Wie auch immer – alle sind heil unten angekommen, die Nacht verbrachten wir oberhalb der Schlucht auf einem sehr netten, selbst ernannten Campingplatz mit dem morgendlichen Highlight eines wahrhaft göttlich leckeren Espresso in der ersten Sonne nach durchfrorener Nacht.
Am nächsten Tag entschieden wir uns gleich nochmal zu fahren – deutlich entspannter, da wir das nun alles schon kannten. Danach stand eine Stadtbesichtigung von Berat auf dem Programm – eine wunderschöne Altstadt mit Burgruine und viel Geschichte.
Für den nächsten Tag planten wir dann an die Vjosa zu fahren, laut Beschreibung eher so in Richtung Imster Schlucht mit Wellen und Wasserwucht. Schon auf dem Weg zeigte sich das angeblich kristallklare Wasser grau von Sediment und auch wuchtiger als gedacht. Wir wählten einen Abschnitt oberhalb von Permet aus – diesmal nicht so spektakuläre Schluchten, dafür aber teilweise recht knackige Stellen und seitlich wieder die allgegenwärtigen weißen Berge und auch sonst eine atemberaubende Landschaft.
Die Nacht verbrachten wir auf dem Zeltplatz einer Raftingbude – eine Mischung aus Wiese und Autoersatzteilager. Mittlerweile zog eine recht steife Brise auf, so dass die Wurfzelte gleich flach zu Boden gedrückt wurden. Netterweise durfte das Team Kassel dann in der Bar schlafen – die Brise entwickelte sich im Laufe der Nacht zu einem veritablen Sturm, der das sturmtaugliche Zelt von Team Eifel zerlegte.
Nach der Ostereiersuche ging es dann zum Bad in die naheliegenden heißen Quellen – auch wieder mit Blick auf Berge und traumhafte Landschaft.
Die zweite Fahrt auf der Vjosa war dann noch etwas knackiger, die Nacht hatte gut 30 cm mehr Wasser gebracht – ich zumindest kam mir zwischenzeitlich ziemlich klein auf und in dem Wasser vor.
Das war leider auch schon unser letzter Paddeltag – die Reise ging weiter nach Gjirokaster, einem osmanischen UNESCO Weltkulturerbe. Dank unserer Locationscouts fanden wir einen wunderbaren Pennplatz in einem Gästehaus mit Blick über Stadt und auf den Fluss – Frühstück auf der Terrasse mit Blick auf die Berge. Am Morgen gab es dann einige Stunden Stadt- und Schlossbesichtigung und dann die Rückreise nach Tirana (eigentlich wollten wir nochmal ein Stück auf der türkisblauen Vjosa unterhalb von Gjirokaster paddeln, aber die Zeit lief uns leider weg).
Die Schafplatzsuche in Tirana gestaltete sich dank der genannten Scouts wieder problemlos und zeigte ein weiteres Mal die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Menschen: Das gesuchte Hostel schien geschlossen oder nicht mehr existent. Ein Nachbar bekam unsere Suche wohl mit, stellte sich auf die Straße, versuchte die Eltern der Betreiberin ausfindig zu machen – ein weiterer Nachbar holte diese dann aus einem benachbarten Café, sie zeigten uns die Zimmer, riefen die Tochter an und organisierten uns einen Parkplatz – da dieser zu kurz für den Bus war, wurde der Besitzer des davor parkenden Autos ausfindig gemacht, um sein Auto etwas vorzusetzen, so dass der Platz für alle ausreichte. Das alles in einem Gemisch aus Englisch, Italienisch und einigen deutschen Sprachfetzen in sehr offener und freundlicher Atmosphäre – wie auf der gesamten Reise.
Für mich hat die Reise Lust auf mehr gemacht – die Offenheit und Freundlichkeit der Menschen, durch die ich mich auch trotz der krassen Unterschiede zwischen arm und reich noch wohl fühlen konnte, die grandiose Landschaft, das Gefühl gaaaanz weit weg zu sein und natürlich die Flüsse, die, die wir schon gefahren und die noch zu fahren sind.
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